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Die ersten Tage

Der neue Airbus der Air Namibia startet pünktlich in Frankfurt. Ich bin positiv überrascht: Etwas mehr Beinfreiheit, ein brandneues Entertainment-System an jedem Platz sowie ein "Wohlfühlset" für jeden Fluggast, bestehend aus Augenmaske, Ohrstöpsel, Lippenbalsam, Zahnbürste/-pasta, Kamm sowie Decke und Kissen. Nur der 10-stündige Nachtflug könnte angenehmer sein.

Vor der Landung kündigt der Kapitän das Wetter in Windhoek an: kühl und windig bei nur 2° Celsius. Ich bin kurz geschockt, es geht ein Raunen durch die Kabine. Es ist noch so stockfinster, dass keiner so richtig die Landebahn oder ein Licht um den Flughafen herum sehen kann. Um 5:30 Uhr Ortszeit setzt unser Airbus auf dem Boden auf. Die Müdigkeit ist allen Passagieren anzusehen, aber auch die Erleichterung, endlich aussteigen zu können.

Etwa eine Stunde später schon habe ich das gemietete Auto abgeholt und rolle mit dem Sonnenaufgang Richtung Windhoek. Im Einkaufszentrum Maerua Mall gönne ich mir ein kleines Frühstück im Café Brazza, bevor die Läden öffnen. Der Koiimasis-Rancher Wulff gesellt sich zu mir, da er zurzeit ebenfalls in Windhoek weilt. Anschliessend besorge ich mir Prepaid-Karten für Smartphone und iPad.

Das Wochenende verbringe ich gemütlich bei Bekannten auf einer Farm, etwa 70 km nördlich von Windhoek in den Otjihaverabergen gelegen, und geniesse die Gamedrives (Wildtierbeobachtungsfahrten) mit Hans. Diese Stille ist einfach unglaublich...

auf der Pirsch

ein Klippspringerpaar in der Morgensonne

Es ist Winter in Namibia. Um halb sieben Uhr geht die Sonne auf, um 17:30 verschwindet sie tiefrot am Horizont. Die Höchsttemperaturen lagen die letzten Tage bei angenehmen 22°, sinken aber am Abend rasch gegen den Gefrierpunkt. Die Luft ist trocken und der Lippenbalsam dementsprechend ein guter Begleiter. Zudem weht für einige Stunden am Vormittag ein recht unangenehmer Wind. Die Namibier sagen, dass der Winter - nun schon so gut wie zu Ende - schon lange nicht mehr so kalt gewesen sei.

Auf dem Weg in den Südwesten (29.06.2015)

Die unglaubliche landschaftliche Vielfalt zeigte sich heute besonders deutlich. Rund 500 km fahre ich über die Ortschaften Mariental, Maltahöhe und Betta grösstenteils auf geteerten Strassen, später auf Schotterstrassen (gravel pad) bis zur Ranch Koiimasis, das letzte Stück auf der fantastischen D707.

gravel pad

Oryxantilope

Bei Sonnenuntergang erreiche ich das Farmhaus von Koiimasis, wo ich schon erwartet werde.

Das erste Kennenlernen (30.06.2015)

Am heutigen Tag lerne ich die nähere Umgebung und die Farmpferde kennen. Doch zuerst wasche ich die Wäsche und inspiziere die Burg etwas genauer. Es ist auffallend warm an diesem Morgen - meinen Kaffee an der Sonne geniesse ich sehr. Dabei stehe ich bei allen Aktivitäten unter Beobachtung: Klippschiefer behausen den Felsen hinter der Burg.

misstrauischer Klippschiefer

Nach dem Mittag stellt mir Tommy - der Sohn der Familie - alle Pferde vor, welche dann in Frage kommen, wenn Reitgäste vor Ort sind. Die meisten Vierbeiner sind vier bis sieben Jahre alt und zurzeit noch etwas scheu. Sie waren die letzten zwei Monate draussen und wurden nicht geritten, so dass sie sich erst wieder an den Menschen und die vielen Gerüche sowie Eindrücke gewöhnen müssen. Ich darf sogleich Colorado - einen ruhigen, aufgestellten Braunen - und den etwas zurückhaltenden, sensiblen schwarzbraunen Nightwish reiten. Beide sind sehr unterschiedlich unter dem Sattel, aber sehr lauffreudig.

KQH stables - Cowboy Country

Die Weiden sind so weitläufig, dass die Pferde mit dem Motorrad zu den Stables getrieben werden. Kein Wunder, wenn sie sich - wie dieser Hengst - auf der Suche nach Essbarem immer weiter den Berg hinauf bewegen.

Der nächtliche Himmel zeigt sich heute von seiner ganz besonderen Seite: zum Einen ist Vollmond, zum Anderen steht die hell leuchtende Venus direkt neben dem Jupiter. Ich gehe noch eine Runde, der Mond leuchtet mir den Weg.

Auf Erkundungstour (01.07.2015)

Die Burg erstrahlt in der aufgehenden Sonne. Sie ist das Zuhause für Reitergruppen und Praktikanten und bietet sieben Personen bequem Platz. So auch uns. Wie fast alle Gebäude in Namibia hat auch die Burg keine Heizung, aber im Aussenbereich kann man wunderbare Lagerfeuer entfachen.

Burg Koiimasis

Nach dem Frühstück radle ich mit Ankes Fahrrad (Frau von Rancher Wulff) zu den Pferden. Das erscheint mir sinnvoller, als ständig mit dem Auto zu fahren.

Mein erstes Pferd heisst Bobby, ein sehr sensibler und fein zu reitender Brauner. Hier reicht es, daran zu denken, was als nächstes kommen soll, und schon zeigt Bobby die Reaktion.

Bevor ich die nächsten Pferde reiten werde, begeben Tommy und ich uns auf eine Erkundungstour. Er zeigt mir einen möglichen Trail und liefert sehr wertvolle Informationen dazu. Am Nachmittag dann steige ich in den Sattel von Poco Lassus, ein Buckskin, der am Boden noch etwas scheu und sehr feinfühlig ist, erstaunlicherweise aber auch etwas träge. So ist es auch beim dritten Pferd am heutigen Tag, dem Dunkelschimmel Atilla. Im Gegensatz zu mir reitet Tommy noch zwei, drei Pferde mehr...

wunderschöner Kameldornbaum im Straussengehege

mein Begleiter "Flo"

Seit heute begleitet mich "Flo" überall hin. Auch am Abend zieht er es vor, mit mir auf die Burg zu kommen. Er denkt wohl, dass mich jemand beschützen sollte.

Winterfrüchte Namibias (02.07.2015)

Anke versorgte mich am Vorabend mit Fleisch, Eiern sowie Mandarinen und einer Zitrone direkt vom Baum.

was für ein Anblick

Die kommenden Tage werden dem gestrigen Tag gleichen. Ich schwinge mich in den Sattel des zweiten Buckskins in der Gruppe: Poco Bonito, ein hochsensibles junges Pferdchen. Dann ist da der Dunkelschimmel Greyworm mit seinem speziellen Körperbau, eher träge unterwegs, aber dennoch sehr wachsam. Santana ist ein dunkelbraunes, eher scheues Pferd. Ich teste Colorado und reite meine Favoriten Nightwish und Bobby ein weiteres Mal. Mit Atilla arbeite ich vom Boden aus.

Die Anstrengungen des Tages werden mit einem tollen Ausblick vom Hausberg belohnt. Es ist eine weitere Entdeckungstour, auf welcher mir viel Wissenswertes über die Farm erzählt wird.

Wir entlassen die Pferdeherde auf die Weide und sitzen noch beim Braai zusammen (Afrikaans für braten; auch das Grillen als gesellschaftliches Ereignis wird als Braai bezeichnet).

PFERDE-SPEZIAL (03.07.2015)

Auf Koiimasis lebten schon immer Wildpferde, und so ist es nicht verwunderlich, dass auch die heutigen Pferdeherden auf Koiimasis dieses Blut noch in sich tragen. Denn nur so können sie draussen überleben. Die Quarterhorse- bzw. Painthorse - Hengste werden regelmässig durch frisches Blut ersetzt. Detaillierte Informationen zu den Hengsten in den einzelnen Herden unter: www.quarterhorsesnamibia.com.

der neue Paint-Hengst Muscle Toff zusammen mit Wilhelm

Dass ein solcher Austausch von Hengsten gerade heute stattfindet, ist natürlich ein besonderes Erlebnis. Nachdem die kleine Stutenherde mit ihren Fohlen in den Kral getrieben wurde, trennt Tommy den Hengst Poco Balisto von der Herde. Dann sortiert er die Stuten mit Fohlen aus, und die übrigen Stuten werden zum neuen Paint-Hengst in den Kral direkt nebenan getrieben. Nun stehen die Stuten mit dem neuen Hengst eine Nacht im Kral, bevor sie am nächsten Morgen wieder raus gelassen werden.

Bilder der Stuten mit ihren Fohlen...

Die kleinen, zähen und robusten Pferde sind Züchtungen aus Wildpferd-Stute und Quarterhorse-Hengst, sensibel und mit klarem Kopf. Auffällige Merkmale sind zudem die kleinen Ohren und die stämmigen Beine. Ich habe die Pferde die letzten Tage als sehr freundlich und neugierig, aber auch als zurückhaltend und scheu erlebt. So unterschiedlich wie die einzelnen Pferdecharaktere sind, so unterschiedlich reiten sich die Pferde auch. Manchmal braucht es etwas mehr Energie, bei anderen reichen die Gedanken oder nur ganz feine Gewicht- und Schenkelhilfen aus.

Einige Pferde aus der Reitpferde-Herde...

Atilla geniesst sein Mittagessen

neugierige Blicke garantiert

kleine wachsame Augen

der ruhige, etwas grössere Colorado, zusammen mit mir nach getaner Arbeit

Die lange Trockenheit auf Koiimasis ist zwar, was das Land betrifft, deutlich sichtbar, aber die Pferde sehen gut aus, wenn man bedenkt, dass sie draussen nicht zugefüttert werden und die Weiden doch eher karg sind.

einige Wallache, die noch nicht fertig ausgebildet sind

Roy und sein Halbbruder Dumbo sind die perfekten Pferde für Reitanfänger

Die Amerikaner sind da (04.07.2015)

Mit zwei Tagen Verspätung und (vorerst) ohne Gepäck kommen die Amerikaner am vierten Juli auf Koiimasis an. Dem Jetlag zum Trotz beginnen sie sofort mit der Arbeit. Kurz vor Mittag dann herrscht grosse Aufregung, denn die sieben zum Teil schweren Gepäckstücke werden vom Flughafen in Windhoek gebracht: Arbeitssättel, Ropes, Hüte und vieles mehr.

Ich schaue Mark und Miranda den ganzen Tag bei ihrer Arbeit mit den Pferden zu: Wie sie mit den verschiedenen Wesensarten umgehen oder welche Lösungen sie für die individuellen Probleme der einzelnen Pferde haben.

Am Abend beobachte ich etwas Besonders: Die Raumstation ISS fliegt genau um 18:07 Uhr Namibia-Zeit von Nordwesten her über die Farm. Lange Zeit habe ich am namibischen Himmel kein Flugobjekt mehr gesichtet.

Fotosafari auf Koiimasis (05.07.2015)

Heute ist Sonntag und dementsprechend ruhig ist es auf der Farm. Hinter den Kulissen aber muss dafür gesorgt werden, dass das Wasser überall fliesst, die Arbeiter verpflegt sind und die Wäsche gewaschen wird.

Am Vormittag reite ich mit Nightwish aus. Später dürfen alle Pferde wieder raus. Sie haben heute frei, da sie die nächsten Wochen für die Clinic und die Trails genutzt werden.

Tommy, Mark, Miranda und ich fahren am Nachmittag auf Fotosafari. Wir schauen uns die Pferdeherden an und geniessen viele tolle Momente und schöne Eindrücke.

Webervogelnest(er)

Doc Bronze's Herde mit einer Gruppe Oryxantilopen

der wunderschöne Paint-Hengst Doc Bronze

ein erst wenige Tage altes Fohlen

Es geht los (06.07.2015)

Heute Vormittag mache ich mit Bobby eine kleine Erkundungstour rund um das Cowboy Country. Und während einige Pferde arbeiten müssen, verbringen andere gemütlich ihre Siesta.

Nightwish geniesst die Sonne

Eine neue Gruppe Wallache ist nun in den Stables, sie wird von Mark und Miranda trainiert. Ein paar sind noch sehr skeptisch und scheu, andere etwas ruhiger und bereits unter dem Sattel gelaufen.

Mit den Wallachen wird vorerst im Round-Pen gearbeitet. Es ist hoch spannend zu beobachten, wie die Pferde auf Reize (z.B. in Form eines Plastiksacks) reagieren oder wie sie sich im Paddock partout nicht aufhalftern lassen. Einmal mehr wird mir bewusst, dass diese Pferde draussen in der rauen Grassteppe aufwachsen und total unberechenbar sind. Mit Mark und Miranda sind echte Profis am Werk, die ihr Handwerk und vor allem die Pferde verstehen.

im Round-Pen werden "die Neuen" trainiert

Nach einer spannenden und erlebnisreichen Woche nehme ich erst einmal Abschied von Koiimasis. Ich werde nach Windhoek zurück fahren, um Lydia und Barbara in Empfang zu nehmen.

Beautiful Landscapes (07.07.2015)

Unterwegs über Helmeringhausen und den Remhoogte-Pass nach Maltahöhe und weiter nach Windhoek geniesse ich die Fahrt durch traumhafte, weite Landstriche. Die Pad ist in gutem Zustand, und ich komme zügig voran.

Auftanken in Helmeringhausen

Landschaft entlang der C14

die Gravel-Pad verlangt hohe Konzentration

Während der Rushhour erreiche ich die Hauptstadt. Unzählige Menschen und Autos sind auf den Strassen. Es ist diese Hektik, welcher ich die letzte Woche erfolgreich entfliehen konnte. Bei Impala Tours nehme ich das grössere Auto (Toyota Quantum) in Empfang und erhalte noch letzte Tipps für die weitere Reise.