Ranch Koiimasis
Leben und Überleben in der Wüste
Trotz der Trockenheit (das soll sich an Ostern ändern) hat die Landschaft ihren Reiz, etwas Magisches. Die roten Granitfelsen leuchten in der Sonne und der Blick über die weiten gelb-roten Sandflächen ist atemberaubend. Man muss allerdings auch ein „biggi“ verrückt sein, um hier zu bestehen. Vor knapp 30 Jahren kaufte Wulff Izko die Farm und kam mit seiner Frau Anke in die Wüste. Zudem wurden Papayas gepflanzt, „Wenn du eine Frau in der Wüste behalten willst, musst du Papayas anbauen!“, so seine Worte. (Die Früchte werden reif vom Baum geerntet und schmecken himmlisch.) Wulff wurde, aus Versehen, in Deutschland geboren, ist aber durch und durch „Südwester“ und auf einer Farm aufgewachsen. Pferde haben ihn seit seiner Kindheit fasziniert und hier auf Koiimasis lebten schon immer an die 100 Wildpferde, was die Begeisterung für die Kultur des Wilden Westens und der Cowboys nur bestärkte. Zahlreiche (Lehr-) Jahre sind vergangen, bis die Pferdezucht das wurde, was sie heute ist. Durch das einkreuzen von Quarter Horses sind die Pferde leichter zu Händeln und weniger Menschenscheu. Dennoch behielten die Pferde ihre Zähheit, den Überlebensinstinkt und die Fähigkeit in der Wüste zu überleben, gepaart mit der Gelassenheit und Coolness eines Quarter Horses gibt das eine perfekte Mischung. Die Pferde haben trotz ihrer veränderten DNA sehr scharfe Instinkte und man huscht nicht schnell hinterm Pferd entlang, bückt sich unterm Strick durch oder schmeisst den Sattel oder die Packtaschen ohne Vorwarnung auf den Pferderücken. Heute besitzt die Familie um die 200 Pferde, die mehr oder weniger wild auf dem riesigen Gebiet (ca. 38000 ha, Farm Koiimasis und zweite Farm Korais) leben. Neben den Pferden leben hier eine sehr grosse Anzahl Federvieh (in allen erdenklichen Ausführungen) Rinder, Schafe, Strausse, Emus … die Farmer, Farmarbeiter und temporär Touristen und Volontäre.
Regen
Die Situation war bis zu meiner Ankunft (und noch länger) sehr angespannt. So viele Jahre schon blieb der dringende Regen aus, das Futter wurde immer knapper, die Nerven lagen teilweise blank. Verständlich. Ich bewundere Anke und Wulff, wie sie jeden Tag auf’s Neue einen Optimismus an den Tag legen, der seines gleichen sucht. Natürlich kommen da auch mal Kraftausdrucke über die Lippen, aber das ist hier keinem zu verübeln. Immer herrscht gespannte und hoffende Erwartung, wenn sich dunkle Wolken im fernen Osten zeigen. Und dann am 29.03. verdichten sich die Wolken am Himmel zunehmend und es regnet. Dann fallen einige dicke Regentropfen, es giesst, es schüttet, die Schleusen des Himmels haben sich geöffnet. In wenigen Minuten wird aus dem Land ein See. Die ausgetrockneten Riviere füllen sich, die Wege verwandeln sich augenblicklich in Bäche. 30 mm Regen fallen in dieser Nacht. Ostermontag dann ein weiterer Hoffnungsschimmer und weitere 20 mm in einer Stunde. Wie tut das gut. Der Natur und dem Herzen. Mehrmals versicherte man mir, dass hier nun der Punk abgeht und man quasi das Gras wachsen sieht. Seit gut einer Woche habe ich meine auserkorenen Plätze, welche täglich fotografiert werden. In wenigen Tagen grünt plötzlich das Gras, wichtiger Futterquell für die Tiere, es blühen Blumen und Sträucher, spriessen Samenkörner empor. Ein Blütenteppich bedeckt das Land, begleitet von betörenden Düften. Unglaublich was sich während der langen Trockenzeit in den Flächen an Samen gehalten hat um dann wieder mit prächtigen Farben und Blüten eine zauberhafte Flora entstehen zu lassen.
Wo kommt das Wasser her?
Die Wasserversorgung ist im Süden Namibias immer ein Problem. Das Grundwasser liegt tief und es gibt wenig starke Wasseradern. Jede Farm ist von dem Wasser aus den Bohrlöchern abhängig. Es gibt Rutengänger die nach Wasser suchen. Findet man eine geeignete Stelle, muss gebohrt werden. Wenn die Bohrung geglückt ist, wird der Windmotor aufgesetzt. Zusätzlich sind Solarpanels und Pumpen installiert. Das Wasser kann nun über Pipelines in den nächsten Tank und in die tränken der Camps, zum Farmhaus, zur Campsite oder Lodge gepumpt werden.
Farmer sind Selbstversorger
Wegen der grossen Entfernung zwischen Koiimasis und der nächstgelegenen Ortschaft Mariental oder Helmeringhausen ist eine gute Organisation der wirtschaftlichen Versorgung notwendig. Durch den Anbau von Gemüse und Obst stehen begrenzt frische Produkte zur Verfügung. Orangen, Zitronen und Papaya werden regelmässig geerntet. Aus den Zitronen macht Anke u.a. eine sehr leckere Limonade. Die Farmer sind ausserdem verwöhnte Fleischesser. Sie essen vorwiegend Schaffleisch, auch Rindfleisch und viel Wild, wie Oryx oder Springbock. Das Lieblingsessen aller ist das sogenannte „braaivleis“, Bratfleisch, unter dem man gewürzte, Koteletts, im freien auf einem Grill gegart, versteht. Ausserdem gibt es dann auch noch Rippchen, zusammen mit einem Salat aus dem eigenen Garten. Es wird zunächst ein mächtiges Feuer entfacht. Man stellt sich dazu, erzählt und trinkt ein Bier, bis man über der Glut die Fleischstückchen grillen kann. Da die Sonne sehr schnell untergeht, es dauert nur etwa 5 Minuten bis es dunkel ist, beginnt die Nacht schon bald, obwohl am Horizont noch lange ein leuchtendes Abendrot die Silhouette die Bäume und Büsche abzeichnet. Dann gibt es noch das „Biltong“, in Streifen geschnittenes Wildfleisch (hier meistens Oryx), das erst einige Tage in einer Gewürzlake liegen muss, bevor es zum Trocknen aufgehängt wird. Weil die Luftfeuchtigkeit sehr niedrig ist und Koiimasis auf etwa 1200 m Höhe liegt, besteht keine Gefahr, dass das Fleisch schlecht wird. Biltong ist eine beliebte Wegzehrung, wenn man auf Pad, also unterwegs ist oder bei einem Viehtrieb den ganzen Tag im Sattel sitzt. Was sonst noch auf der Farm gebraucht wird, muss über Wochen geplant und bei der nächsten Fahrt nach Windhoek oder Mariental gekauft werden. Dazu gehört auch der Bedarf der knapp 30 Angestellten auf der Farm.
Vom Alltag einer Farmersfrau – Ankes Arbeitstag
Der Farmer Wulff sorgt sich um die „Federviehzucht“ (gut 60 verschiedene Vogelarten, vom australischen Fink über afghanische Hühner bis zur Pute, in undefinierter Anzahl leben rund ums Farmhaus) sowie Rinder-, Schaf- und Pferdezucht, kontrolliert die Windpumpen und Maschinen, kümmert sich um die Leute auf der Baustelle am „Adventure Village“ und achtet auf den geregelten Ablauf im Farmbetrieb. Nicht weniger Arbeit hat Farmersfrau Anke zu bewältigen. Sie führt die Campsite, zwei Chalets, den Haushalt, betreut die Beschäftigten, baut im Garten Obst und Gemüse an, pflegt die Jojoba- und Moringaplantage inkl. Ernte und Weiterverarbeitung, tätigt die Einkaufsplanung für den eigenen Haushalt und den Shop für die Mitarbeiter. In bestimmen Abständen wird geschlachtet und dann wird das Fleisch verarbeitet. Weil man wochenlang nicht in die Stadt kommt um einkaufen zu können, muss eine Liste der benötigten Lebensmittel angelegt werden, wobei möglichst nichts vergessen gehen darf. Natürlich muss Anke auch helfen, wenn ein Unfall passiert oder ein Mitarbeiter einen bösen Schnupfen bekommt. Es ist nicht immer einfach, mit den Gegebenheiten fertig zu werden. Die tägliche Routine ist da ganz wichtig. Nicht unwesentlich ist, dass beide, Anke und Wulff, eine gute Zusammenarbeit und Verständigung mit den Schwarzen pflegen. Ich habe mit Anke einen der schönsten Sundowner erlebt, viele Abende am Lagerfeuer verbracht und die unzähligen, faszinierenden "Sternguckerstunden" bleiben mir noch lange in Erinnerung. Freundschaft kennt keine Entfernungen, keine Grenzen, keine Zeit und kein Alter.